Simulationsgestützte Entwicklung einer flexiblen Technologie zur Umsetzung biomimetischer, langzeitresorbierbarer funktionaler und stabiler Trommelfellimplantate

20533 BR

An den Forschungseinrichtungen ITM und HNO wurde im Rahmen des interdisziplinären IGF Projektes 20533 BR (MyringoSeal) eine flexible, simulationsgestützte Technologie zur Umsetzung biomimetischer, langzeitresorbierbarer, funktionaler und stabiler Trommelfellimplantate entwickelt. Dazu wurden konstruktiv-technologische Weiterentwicklungen der Elektrospinntechnologie vorgenommen, die modular in kommerziell erhältliche Anlagen integrierbar sind. Diese Module ermöglichen die gezielte Deposition von orientierten nano- und mikroskaligen Fasern in definierten Mustern, eine 3D-Ausformung der Membranen sowie die Möglichkeit der Faserverstärkung mit vorkristallisierten Mikrofilamenten. Somit konnten im Rahmen des Forschungsprojektes Membranen entwickelt werden, die strukturell und damit auch akusto-mechanisch dem Vorbild des menschlichen Trommelfells biomimetisch glichen. Diese Arbeiten wurden auf Basis eines im Rahmen des Projektes entwickelten und validierten Simulationsmodelle durchgeführt, welches ermöglichte eine präzise Voraussage der Membraneigenschaften anhand der eingesetzten Spinnlösungs- und Elektrospinnparameter zu treffen und so auf zeit- und kostenintensive trial-and-error-Versuchsreihen verzichten zu können. Über die Realisierung von funktionell und strukturell biomimetischen Eigenschaften der Trommelfellimplantate hinaus, wurden die langzeitresorbierbaren Biopolymere PCL und Seide verwendet, die weiterhin hervorragende Bedingungen für die operative Handhabung liefern. Die Membranen sind schneidbar und können so intraoperativ patientenspezifisch an den zu rekonstruierenden Defekt angepasst werden. Weiterhin ermöglicht die Seide eine stabile Fixierung des Implantats mittels Wasseradhäsion was bereits am menschlichen Trommelfell in einem Felsenbeinpräparat demonstriert wurde. Auf Grund der modularen Integrationsmöglichkeit der technischen Weiterentwicklungen in bestehende Elektrospinnanalgen können die Projektergebnisse von KMU direkt und kostengünstig umgesetzt und eingesetzt werden. Für die zügige industrielle Umsetzung enthält der vorliegende Abschlussbericht KMU-gerechte Verfahrensanweisungen und wirtschaftlich-technische Bewertungen. Das hohe technische sowie wirtschaftliche Potential, insbesondere für KMU aus der Textiltechnik, wurde durch die erfolgreiche Unterstützung der Projektarbeiten von Unternehmensseite in Form von vorhabensbezogenen Aufwendungen der Wirtschaft unterstrichen.

Im Rahmen des erfolgreich abgeschlossenen Projektes wurden biomimetische funktionelle Trommelfellimplantate auf Basis der resorbierbaren Biopolymere PCL und Seide entwickelt, die in der Klinik etablierten autologen Materialien durch ihre Reproduzierbarkeit, anwendungsspezifisch anpassbare akusto-mechanisches Eigenschaftsprofil und eine einfache operative Handhabung überlegen sind und so einen deutlich gesteigerten Therapieerfolg für Patienten mit einer Schallleitungsstörung im Mittelohr darstellen. Zur Herstellung der neuartigen Implantate wurde auf Grundlage der Elektrospinntechnologie konstruktiv- technologische modulare Ergänzungen entwickelt, die eine strukturell und funktionell biomimetische Nach- ahmung der Fasermorphologie des nativen Trommelfells ermöglichen. Diese Module können in bestehende Elektrospinnanlagen integriert werden und ermöglichen damit kleinen- und mittelständischen Unternehmen (KMU) einen schnellen und kostengünstigen Transfer der Projektergebnisse.

Die Ergebnisse ermöglichen es KMU ihre Produktpalette im Bereich der Medizintechnik zu erweitern bzw. diesen Bereich völlig neu zu erschließen und sich einen Anteil am jährlich um 4,9 % wachsenden Medizintechnikmarkt zu sichern. Mit der neuen Technologie zur Herstellung anwendungsspezifisch gradierter und 3D-ausgeformter Membranen werden KMU in die Lage versetzt auch außerhalb der Medizintechnik neue Produkte durch geringe eigenständige Entwicklungsarbeiten zu generieren, wie bspw. in den Bereichen Filtertechnik, Batterietechnik und Architektur. Damit ermöglichen die Projektergebnisse eine signifikante Steigerung der branchenübergreifenden Wettbewerbsfähigkeit von KMU.

Die Erkenntnisse aus dem Projekt können somit von unterschiedlichen Fachgebieten, wie Herstellung von Textilien (13), speziell Gesundheit und Medizintechnik (A), Biotechnik (BB), sowie Werkstoffe und Materialien (KB) genutzt werden. Vor allem die überwiegend kleinen und mittelständisch geprägten KMU aus den Bereichen Textilmaschinenbau, Sondermaschinenbau, Biomaterialien sowie Medizintechnik sind potenzielle Nutzer der angestrebten Ergebnisse. Es wird abgeschätzt, dass insgesamt etwa 50 deutsche KMU einen direkten Nutzen aus den erzielten Forschungsergebnissen ziehen können. Dies äußerte sich unter anderem an einer regen Teilnahme an den Treffen des Projektbegleitenden Ausschusses sowie dem Interesse einzelner Firmen, die Projektergebnisse im Rahmen bilateraler Kooperationen zur Marktreife zu führen.

 

Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 02/19 bis 04/21 an der Technischen Universität Dresden, Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (01062 Dresden, Tel. 0351 / 463-39300) unter der Leitung von Dr.-Ing. Dilbar Aibibu (Leiter der Forschungseinrichtung Prof. Dr.-Ing. habil. Dipl.-Wirt.-Ing. Chori Chokri) und der Technischen Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, Tel. 0351 / 458-4420) unter der Leitung von Prof. Dr. med. Marcus Neudert (Leiter der Forschungseinrichtung Prof. Dr. med. Dr. h.c. Thomas Zahnert)

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BMWi-Logo Das IGF-Vorhaben Nr. 20533 BR der Forschungsvereinigung DECHEMA, Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
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