Screening antiviraler Komponenten aus aquatischen Mikroorganismen

14895 BG

Der Bedarf für die Entwicklung neuer Medikamente besonders gegen Viruserkrankungen ist aufgrund zunehmender Resistenzentwicklung, unerwünschter Nebenwirkungen sowie unzureichender Effektivität von Arzneimitteln verstärkt gegeben. Die vielfältigen Naturstoffstrukturen aus der Quelle phototropher Mikroalgen und Cyanobakterien stellen dabei ein großes Potential für zukünftige Therapeutika dar.

In diesem Vorhaben sollten antivirale Substanzen aus phototrophen Mikroorganismen mit einer antiviralen Aktivität gegen humanpathogene β-Herpesviren (HHV) gewonnen werden. Nach der erfolgreichen Identifizierung anionischer Polysaccharide aus P. purpureum (EPS) und A. platensis (TKV2, TKV3) als antivirale Wirkstoffe (Vorgängerprojekt 13883 BG ) wurde hier nun die pharmakologische Weiterentwicklung hinsichtlich der Aufkärung des Wirkmechanismus sowie weiterführende zytotoxischer und karzinogene Untersuchungen forciert.

Anhand von In- vitro-Infektionskinetiken - sowohl auf zellulärer als auch auf genetischer Ebene - wurde für die Polysaccharide gezeigt, dass diese die Adsorption und/oder Fusion der Viruspartikel mit den Wirtszellen inhibieren. Die erweiterten Untersuchungen bezüglich der Zytotoxizität belegen, dass die Polysaccharide keine Zytotoxizität gegenüber der Zelllinie SUB-T1 und eine sehr geringe Zytotoxizität gegenüber der murinen Zelllinie 3T3 aufweisen. Für die ersten Vorexperimente im Mausmodell wurden die EPS auch hinsichtlich ihrer Aktivität gegen den Mouse Cytomegalovirus (MCMV) getestet. Die Fraktion TKV3 inhibierte die MCMV-Infektion signifikant, wobei die Fraktionen TKV2 und EPS nur geringe Wirksamkeiten aufwiesen. Zusätzliche Untersuchungen im AMES-Test belegen, dass die Polysaccharide von Leberzellen nicht zu karzinogen Stoffen metabolisiert werden können. Insgesamt stellen die anionischen Polysaccharide eine wertvolle Stoffgruppe für die Weiterentwicklung als antivirale Wirkstoffe dar.

Ein weitere Strukturklasse, die im Rahmen des Projektes genauer hinsichtlich ihrer potentiellen antiviralen Eigenschaften untersucht wurde, stellten die Sulfoquinovosyldiacylglyceride (SQDG) aus der Gruppe der Sulfoglykolipide dar. Anhand von Literaturdaten wurde neben 11 weiteren, potentiellen SQDG-bildende Mikroalgen und Cyanobakterien P. purpureum selektiert und zur Biomassegewinnung in 1-Liter Photobioreaktorscreeningmodulen kultiviert worden. P. purpureum konnte dabei bereits frühzeitig als SQDG-Produzent identifiziert werden. Die Biomasse der Alge bzw. der daraus gewonnene Extrakt ist daher zur Etablierung der Aufreinigung von SQDG (Dünnschichtchromatographie, Adsorptions/Desorptions-Trennverfahren) und deren Strukturcharakterisierung mit MALDI-trap-ToF-MSn -Hybrid-Massenspektrometrie eingesetzt worden. Die MALDI-Messungen identifizieren zusätzlich zu P. purpureum das Vorkommen verschiedener SQDG in H. carterae , verschiedener P. tricornutum -Stämme sowie in A. platensis N-46, S. hofmanii und N. punctiforme . Die biologischen Untersuchungen belegten neben der Anti-HCMV-Aktivität eine Inhibierung des Enzyms HIV-Reverse Transkripase und eine ausgeprägte Zytotoxizität gegenüber verschiedenen Wirtszellen nach dreitägiger Inkubation. Die Substanzklasse der SQDG weist somit vielfältige biologische Eigenschaften auf, die durch chemische Modifikation durchaus gesteigert werden könnten.

Erste Untersuchung der Optimierung von SQDG im Modellorganismus A. plantensis N-46 unter Variation der Bestrahlungsstärke (30, 60, 80, 110, 140 µE/m2 s) erzielte die maximale Raum-Zeit-Ausbeute (RZA) von 0,16 mgSQDG/l*d bei der Kultivierung mit 110 µE/m2 s. Eine Variation der Phosphatquelle im Medium (K2 P2 O7 anstatt K2 HPO4 ) resultierte in einer Steigerung der RZA (0,15 mgSQDG/l*d) um 20 %.

Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 08/06 bis 10/08 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Chemie- und Bioingenieurwesen, Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik (Paul-Gordan-Straße 3, 91052 Erlangen, Tel.: 09131/85-23001) unter Leitung von Prof. Dr. R. Buchholz (gleichzeitig Leiter der Forschungsstelle) und an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie (Charitéplatz 1, 10117 Berlin, Tel.: 030/450-50) unter Leitung von Prof. Dr. W. Siegert (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. K. Possinger).

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BMWi-Logo Das IGF-Vorhaben Nr. 14895 BG der Forschungsvereinigung DECHEMA, Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
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