Untersuchungen zum Nachweis der nachhaltigen Eliminierung/Rückhaltung von Humanantibiotika und (multi-) resistenten Keimen aus Abwässern

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Antibiotika und andere Pharmazeutika stellen ein wachsendes Problem in Abwässern und im Umweltschutz dar. Sie werden in großem Maßstab in der Human- und Veterinärmedizin, aber auch in der Landwirtschaft eingesetzt. Durch die komplexe Struktur der Pharmaka ist jedoch ein vollständiger Abbau durch Mikroorganismen über eine Abwasseraufbereitung bzw. durch Mikroorganismen in der terrestrischen und aquatischen Umwelt nicht zu erwarten. Das hat zur Folge, dass sich diese Antibiotika in Grundwasserleitern und Vorflutern wiederfinden, was wiederum zur Resistenzbildung bei Mensch und Tier führen kann.

In diesem Projekt wurde der Einfluss einer Mischung der Antibiotika Ciprofloxacin (Cip), Gentamicin (GM), Sulfamethoxazol (SMZ)/Trimethoprim (TMP) (5:1 SXT:TMP) und Vancomycin (VA) bis zu einer Konzentration von je 10 000 μg/l auf die Abbauleistungen (CSB, DOC, Nitrifikation) von Belebtschlamm in Modell-Kläranlagen mit der Abbauleistung durch einen Hochleistungsbioreaktor - dem Strahl- Zonen-Schlaufenreaktor (SZR) - verglichen. Der SZR-Betrieb wurde hierbei mit zwei Membranverfahren, der Ultrafiltration bzw. der Kombination Nanofiltration/Umkehrosmose variiert. Untersucht wurde die Elimination und Adsorption der einzelnen Antibiotika im SZR durch adaptierte Biomasse mit einem Schlammalter von mindestens 50 Tagen und diese zusätzlich mit identisch altem Belebtschlamm einer Blasensäule verglichen. Abschließend erfolgte die Überprüfung der Effizienz der SZR-Klärtechnik mit realen Abwässern einer Kläranlage und eines Krankenhauses. Außerdem wurde die Elimination und Adsorption der einzelnen Antibiotika durch nichtadaptierte bzw. adaptierte Biomasse, den Einfluss der Antibiotika auf das Überleben der Bakterien des Belebtschlammes sowie das Resistenzverhalten ausgewählter pathogener Keime untersucht.

Es konnte gezeigt werden, dass die Elimination von Antibiotika sowie die Beeinflussung der Abbauleistung von Belebtschlamm durch Antibiotika durch verfahrenstechnische Maßnahmen beeinflusst werden kann. In den Modell-Kläranlagen nahm mit steigender Antibiotika-Konzentration die Nitrifikationsleistung der Biomasse ab, wobei ab einer Konzentration von je 5000 μg/l die Nitritoxidation gestört war. Ab einer Konzentration von je 7500 μg/l kam es zu einem kompletten Erliegen der Nitritoxidation und bei Erhöhung der Antibiotika-Konzentration auf je 10 000 μg/l wurde auch die Ammoniumoxidation inhibiert. Der C-Abbau wurde wesentlich weniger beeinflusst. Ab der Zugabe von je 5000 μg/l kam es sowohl beim CSB-Abbau, als auch beim DOC-Abbau zu einem Einbruch der Abbau-Leistung. Diese konnte sich allerdings wieder erholen und auf 70-90 % bis zum Abschluss des Versuches mit je 10 000 μg/l stabilisieren.

Die Untersuchungen zur Antibiotikaeliminierung mittels Biomembran-Reaktor mit Hochleistungsstufe (SZR) zeigen, dass sich im Rahmen der hohen Schwankungsbreite der Antibiotika-Analytik keine eindeutigen Aussagen zugunsten einer der untersuchten Verfahrensvarianten (Blasensäule oder SZR-Bioreaktor) im Sinne einer reinen Beurteilung nach Eliminationsgrad treffen lassen. Auch die CSB-Abbauleistung blieb für beide Verfahren weitgehend unberührt von der Antibiotikabelastung. Deutliche Unterschiede zwischen den Biologien der beiden Reaktortechniken zeigten sich jedoch in der Verwertung der Stickstofffrachten. So wurde für hohe Antibiotikafrachten in den Modell-Kläranlagen ein deutlicher Einbruch der Ammoniumabbauleistung verzeichnet, jedoch nicht bei der Behandlung mittels SZR-Reaktortechnologie. Auf der Grundlage der Hemm-Untersuchungen kann gefolgert werden, dass sich in den Blasensäulen eine stärkere Hemmung der Mischkultur infolge einer Antibiotikabelastung einstellt als im SZR. Darüber hinaus etablierten sich über einen längeren Zeitraum in beiden Verfahrensvarianten resistente Keime, wobei es sich einmal um Enterococcus maloduratus (SZR) und einmal um Enterococcus faecium (LKA) handelte.

Enterokokken weisen eine hohe intrinsische Resistenz auf, wobei Enterococcus faecium ein hohes Reservoir über eine erworbene AB-Resistenz darstellt. Erklärungen für diese betriebsbezogenen Unterschiede konnten sich mit den bis dahin gewonnen Erkenntnissen auf der Grundlage inaktivierten Schlamms nicht eindeutig finden lassen. Erst eine umfangreiche und zusätzlich aufgenommene Vergleichsuntersuchung mittels FISH-Test (Gen-Sonden) an Blasensäulen und SZR-Reaktortechnologie mit identischem Ausgangsschlamm lieferten über die Untersuchung von fixiertem Schlamm die Erkenntnis, dass sich sowohl in Abhängigkeit von einer Antibiotikazugabe als auch in Abhängigkeit von der Betriebsart eine deutliche Verschiebung der Biozönosezusammensetzung gegenüber einer Kontrollblasensäule als Belebtstufe ergeben. Dabei reagierte hier die Kultur im SZR-Bioreaktor gegenüber den zudotierten Misch-Antibiotika unempfindlicher, als die Biozönose in Blasensäulen. Dies erlaubt den Rückschluss, dass der recht komplexe Stickstoffverwertungsweg (Ammonium, Nitrit, Nitrat) durch eine Antibiotikabelastung in konventionellen Belebtstufen gefährdeter ist als in dem Hochleistungsbioreaktor.

 Bearbeitet wurde das Forschungsthema vom 01/09 bis 06/11 an der Universität Bremen, Institut für Umweltverfahrenstechnik (Leobener Straße Gebäude UFT, 28359 Bremen, Tel.: 0421/218-63330) unter der Leitung von Prof. Dr. N. Räbiger (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. N. Räbiger) und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Ingenieurbiologie und Biotechnologie des Abwassers (Am Fasanengarten, 76128 Karlsruhe, Tel.: 0721/608-43274) unter der Leitung von PD Dr. Claudia Gallert (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. J. Winter).

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