175 ZBR / 1 , 2 + 3
Durch den Einsatz von modifizierten Wirktechniken lassen sich neuartige Gitterstrukturen herstellen. Dabei werden bi- bis multiaxial orientierte, gestreckt liegende Verstärkungsfäden aus Glas- und Carbonfilamentgarnen in Maschenstrukturen eingebunden. Das zusätzliche Einbringen thermoplastischer Komponenten aus Polypropylen in die Gitter, z. B. durch Verarbeitung von Hybridfäden, sowie deren Aktivierung durch Wärmebeaufschlagung ermöglicht eine Vorkonsolidierung. Besonders wirksam und effektiv ist dabei der Einsatz von wirkmaschinenintegrierten Infrarotstrahlungseinheiten. Durch Infrarotbestrahlung im gespannten Gewirkezustand wird infolge der thermischen Verfestigung die gestreckte Fadenlage im Gewirke gesichert. Dies ist eine Grundvoraussetzung damit das Verstärkungspotenzial der Gitter bei der Weiterverarbeitung genutzt werden kann. Zur Charakterisierung der Gitter wurden Prüfungen zum Kraft-Dehnungsverhalten sowie Untersuchungen zum Verschiebe-, Biege- und Scherverhalten durchgeführt. Daraus lassen sich die Mindestanforderungen an die vorkonsolidierten Gitterstrukturen in Form von Kennwertniveaus ableiten, die einen erfolgreichen Spritzgussprozess gewährleisten.
Schliffbilder von gitterverstärkten Spritzgussverbunden zeigen, dass eine gute äußere Anbindung der Matrix an die vorkonsolidierten Fäden erfolgt. Die teilweise noch nicht ausreichende Anbindung im Innern der Verstärkungsfäden erfordert jedoch noch weitere Forschungsarbeiten. Die an Prüfkörpern ermittelten mechanischen Kennwerte zeigen, dass die Steifigkeit etwa auf dem Niveau vergleichbarer Spritzgießwerkstoffe liegt, durch die Endlosfaserverstärkung wird jedoch eine bedeutende Steigerung der Festigkeit erreicht.
Eine Eigenschaftsbewertung ist auch durch Leichtbaukennzahlen möglich. Die TEMAG-Verbunde können aufgrund ihres steifigkeitsbezogenen Leichtbaupotenzials in den Bereich der verstärkten Spritzgieß- und Pressformmassen eingeordnet werden. Dabei läßt die weitere Verbesserung der Faser-Matrix-Haftung eine Erhöhung der Kennwerte erwarten. Beim Vergleich der auf den Fasermasseanteil bezogenen Zug-Elastizitäts-Moduln ergibt sich der beste Fasernutzungsgrad. Bei der Herstellung eines Demonstrators (Bussitzschale) wird deutlich, dass das eingebrachte Gitter formstabil bleibt.
Die Forschungsergebnisse bilden die Grundlage, um künftig endlosfaser-verstärkte Thermoplastbauteile für die Umsetzung innovativer Leichtbaulösungen herstellen zu können. Diese sind von besonderem Interesse für den Fahrzeug-, Maschinen-, Apparate- und Anlagenbau.
Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 4/05 bis 9/07 an der TU Dresden, Institut für Textil- und Bekleidungstechnik (01062 Dresden, Tel.: 0351/463-37147) unter Leitung von Dr. G. Franzke, (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. P. Offermann) und am Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V. (Annaberger Straße 240, 09125 Chemnitz, Tel.: 0371 / 5274-214) unter Leitung von Dipl.-Ing. R. Helbig, (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. H. Fuchs) und an der Technischen Universität Dresden, Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (01062 Dresden, Tel. 0351/463-38146) unter der Leitung von Prof. Dr. W. Hufenbach, (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. W. Hufenbach).