Zellbiologin im Marketing: Übersetzerin zwischen Labor und Kunden
Erstellt von Kathrin Rübberdt, DECHEMA e.V. , 07.01.2025
Susanne Kuhlendahl berät seit 10 Jahren Life-Science-Unternehmen in Fragen der Strategie und Kommunikation. Gleichzeitig ist sie seit Jahren Mitglied im Managerinnen-Netzwerk in den Life Sciences (powered by DECHEMA), und diesem "KMU" steht sie seit gut einem Jahr ehrenamtlich beratend zur Seite. Wir sprachen mit ihr über ihren ungewöhnlichen Karriereweg, über Know-How-Bedarf bei Start-ups und KMUs und über die Bedeutung des Netzwerkens.
Du bist promovierte Zellbiologin, hast Dich aber schon früh in Deiner Karriere aus dem Labor hinaus und in die Untiefen von Marketing und Kommunikation hinausgewagt. Was hat Dich daran gereizt?
Mich hat es gereizt, Forschung anschaulich und verständlich darzustellen und einem größeren Publikum näherzubringen und so habe ich bereits während meiner Promotion Kurse in Wissenschaftskommunikation belegt. Über den Wissenschaftsjournalismus habe ich mich dann im Laufe meiner beruflichen Stationen und meiner persönlichen Entwicklung in die Unternehmenskommunikation und dann in das strategische Marketing und Prozessmanagement entwickelt.
Du berätst vor allem Start-ups und KMUs im Life-Science-Sektor. Welche Unterstützung brauchen diese Unternehmen am häufigsten?
Startups haben den größten Bedarf bei der strategischen Positionierung im Wettbewerb, bei der Identifizierung der besten Marktzugangsrouten und bei der Implementierung einer „Marketing-Grundausstattung“ – und das alles mit begrenzten Ressourcen. Etabliertere KMUs benötigen häufig punktuell operative Unterstützung bei Sales & Marketingkampagnen, strategische Beratung bei der Priorisierung von Geschäftsfeldern, beim Customer Relationship Management (CRM) oder bei der Geschäftsentwicklung in neue Märkte oder Marktsegmente. Außerdem entsteht während des Unternehmenswachstums oft ein Schulungsbedarf, wenn das Marketingteam erweitert wird. Ab einer mittleren Unternehmensgröße gibt es außerdem häufig den Wunsch nach einer Nachjustierung der Unternehmensausrichtung oder der Corporate Identity.
Woran liegt es, dass Gründer:innen oder Unternehmer:innen in diesen Fragen unsicher sind?
Viele Life Science Startups sind Ausgründungen wissenschaftlicher Einrichtungen mit einem Gründerteam, das aus der Forschung kommt. Und obwohl die jungen Unternehmen gerade anfangs von Inkubatoren und Förderprogrammen unterstützt werden, können die Teams häufig die Expertise und Erfahrungen in Marktstrategie, Marketing und Sales nicht leicht im „Jumpstart“ erwerben oder umsetzen. Auch wichtige operative Kenntnisse des täglichen Marketingmanagements sind nicht immer ausreichend vorhanden. Etablierte Unternehmen stellen regelmäßig Marktpositionierung, Marketing und CRM auf den Prüfstand. Ihnen hilft der externe Input sowie eine neutrale externe Moderation bei der Definition von Zielen und bei der Strategiefindung.
Wie hilft Dir Dein eigener Hintergrund als Zellbiologin bei diesen Aufgaben?
Als Biologin verstehe ich die wissenschaftlichen Grundlagen, die hinter den Geschäftsmodellen oder Produkten meiner Kunden stecken. Das ist sehr hilfreich bei der Erstellung von Marketingmaterialien oder bei der Auswahl relevanter Konferenzen. Außerdem verstehe ich, wie Wettbewerb und Kunden in der Life Science Branche ticken und kann Markttrends, die auf neuen Technologien beruhen, besser beurteilen.
Wie sieht ein Mandat bei Dir in der Regel aus? Wie lange begleitest Du Deine Kunden?
Das ist so vielfältig wie die Geschäftsmodelle meiner Kunden. Einige Unternehmen begleite ich seit ihrer Gründungsphase, während andere mit zeitlich begrenzten Projekten auf mich zukommen. Ich agiere als extern unterstützendendes Teammitglied, Trainerin, strategische Beraterin oder Moderatorin und gelegentlich auch als Mentorin.
Siehst Du Dich dabei eher als Katalysator, oder kannst Du Deinen Kunden bestimmte Aufgaben auch abnehmen?
Beides trifft zu. Wenn ich strategische Workshops moderiere, fungiere ich oft als Katalysator für die Entscheidungsfindung im Team meiner Kunden. Durch meine Marketingerfahrung erleichtere ich zudem die Priorisierung von Themen und Projekten sowie die Klärung von Schnittstellen mit anderen Abteilungen und ermögliche somit ein effizienteres Arbeiten. Gleichzeitig unterstütze ich bei Bedarf auch operativ – sei es bei der Pflege der Website, dem Content-Management auf LinkedIn oder der Erstellung von Marketing- und Kommunikationsmaterialien.
Du begleitest seit über einem Jahr das Managerinnen-Netzwerk in den Life Sciences (powered by DECHEMA) ehrenamtlich mit Deiner Expertise. Was hat Dich dazu bewogen, uns diese erhebliche Zeit und Energie zur Verfügung zu stellen?
Ein wesentliches Merkmal des Managerinnen-Netzwerk ist der Austausch von Kontakten, Wissen und Erfahrungen. Als Mitglied, das bereits seit Jahren von den hochwertigen Angeboten und dem unterstützenden Spirit des vorwiegend ehrenamtlich getragenen Vereins profitiert, stelle ich meine Zeit und Energie gerne zur Verfügung. Und auf der persönlichen Ebene ist mir die Zusammenarbeit mit dem besonders engagierten Vorstand eine Ehre und besondere Freude.
Wen würdest Du gerne einmal beraten?
Ich habe keine konkrete Wunschliste. Einer der schönsten Aspekte meiner Tätigkeit ist die Individualität meiner Kunden und die Vielseitigkeit der Projekte. So lerne auch ich immer wieder aufs Neue dazu und knüpfe wertvolle Beziehungen. In den kommenden Jahren würde ich junge Unternehmen gerne auch als Beiratsmitglied zusammen mit anderen Branchenexperten über einen längeren Zeitraum begleiten.
Dr. Susanne Kuhlendahl studierte Biologie in Würzburg und Bremen und promovierte an der University of Alabama in Birmingham/AL, USA. Sie arbeitete bei verschiedenen kleinen und mittelständischen Unternehmen und Agenturen im Bereich Marketing und Kommunikation für den Biotech-, Diagnostik- und Healthcare-Sektor. 2015 machte sie sich selbstständig und begleitet seither Unternehmen im Life-Science-Bereich bei strategischen und kommunikativen Fragestellungen mit ihrer Agentur marcommotion.
0 Kommentar(e)