Chemie ist cool!
Erstellt von Simone Angster , 03.02.2025
Seit dem 1. Januar 2025 ist Dr. Wolfram Stichert neuer Vorsitzender des DECHEMA e.V. Wir haben den Geschäftsführer der hte GmbH gefragt, was seine Zukunftsvision für die DECHEMA ist, wie sich die Herausforderungen in unserer Branche meistern lassen und wie es um den MINT-Nachwuchs bestellt ist
Seit 1. Januar 2025 sind Sie Vorsitzender des DECHEMA-Vorstands. Was reizt Sie besonders an diesem Amt?
Ich glaube, dass die DECHEMA eine einzigartige Organisation ist, die das Potenzial hat, zu grundlegenden gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Energieversorgung der Zukunft oder Zirkularität einen wichtigen Beitrag zu leisten.
Wo sehen Sie die DECHEMA in den nächsten zehn Jahren und welche Ziele möchten Sie in Ihrer Amtszeit erreichen?
Zunächst zur zweiten Frage: Ich würde in meiner Amtszeit gerne – zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen sowie dem Netzwerk der DECHEMA – genau diesen oben beschriebenen Beitrag leisten. In den nächsten zehn Jahren sehe ich dementsprechend die DECHEMA weiterhin in ihrer wichtigen Rolle innerhalb unserer Branche und mit noch größerer nationaler und internationaler Beachtung.
Was ist für Sie das Besondere/Einzigartige an der DECHEMA?
Die DECHEMA richtet über die DECHEMA Ausstellungs-GmbH die weltweit größte Messe für Prozesstechnik aus, hat knapp 100 unterschiedliche Gremien, die sich um fachlich-wissenschaftliche Themen kümmern und pflegt gleichzeitig beste Kontakte zur chemischen Industrie und zur akademischen Welt. Die DECHEMA ist damit die zentrale Austauschplattform der deutschen, möglicherweise auch der europäischen Chemie- und Biotechnologiebranche.
Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für die chemische Industrie und wie kann die DECHEMA dazu beitragen, diese zu bewältigen?
Die chemische Industrie in Europa geht derzeit durch eine schwere Zeit. Wir haben klare Ziele für die Dekarbonisierung – nicht nur der chemischen Industrie, sondern unserer gesamten Gesellschaft. Gleichzeitig befinden wir uns in einem globalen Wettbewerb mit gut aufgestellten Konkurrenten. Um für uns in Europa den richtigen Weg zu finden, sind viel wissenschaftlich-technische Expertise, viele neue Ideen und viel Austausch notwendig – hier kann die DECHEMA einen elementaren Beitrag leisten.
Nächstes Jahr feiert die DECHEMA ihren 100. Geburtstag. Was wünschen Sie schon jetzt zum Jubiläum?
Eine Feier, bei der sich ein guter Teil des DECHMA-Netzwerks zusammenfindet – das wäre dann eine wirklich beeindruckende Veranstaltung…
Sie selbst sind Chemiker und Wirtschaftswissenschaftler. Warum haben Sie sich damals für ein naturwissenschaftliches Studium entschieden?
Chemie ist cool. Auch wenn manche Physiker behaupten, dass die Chemie nur ein Teilgebiet der Physik sei – die Chemie bildet eine wesentliche wissenschaftliche Grundlage unseres Wohlstandes und erklärt grundlegende Fragen unseres Daseins. Die Chemie ist komplex und faszinierend – und es gibt noch viel zu entdecken und zu erforschen.
Wer oder was hat Sie in Ihrer Karriere am meisten inspiriert?
Mich hat als Student die Persönlichkeit von Ferdi Schüth am meisten inspiriert – deshalb habe ich mich später seinem Arbeitskreis an der Universität Frankfurt angeschlossen.
In einer späteren Phase meiner Karriere haben mich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von hte beeindruckt: Bis heute kann ich mich an keine wesentliche technische Herausforderung erinnern, die nicht gemeistert wurde.
Welche Werte und Prinzipien leiten Sie in Ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung?
Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Offenheit, Leistungsorientierung, Loyalität und Humor.
Neben Ihrem Amt in der DECHEMA sind Sie hauptberuflich Geschäftsführer/CEO der hte GmbH. Da bleibt vermutlich nicht viel Zeit für Freizeit. Wie verbringen Sie diese am liebsten?
Mit meinen Kindern, beim Volleyball spielen oder Musizieren. Gerne auch beim Kochen.
Wenn Sie eine Sache an der Welt der Wissenschaft oder Industrie ändern könnten, was wäre das?
Ich glaube, dass wir bei den großen Herausforderungen unserer Zeit eine noch größere Zusammenarbeit der Wissenschaft, Industrie und staatlichen Stellen benötigen.
Thema Nachwuchs: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation in den MINT-Fächern ein? Gibt es aus Ihrer Sicht ausreichendes Interesse daran beim Nachwuchs oder sehen Sie Herausforderungen?
In den letzten 20 Jahren betrug der Anteil der Studierenden, die MINT-Fächern zuzuordnen waren, immer etwa zwischen 35 und 40 %, im EU-Vergleich steht Deutschland damit sehr gut da. Dennoch erwarten wir für die Zukunft eher einen Mangel an entsprechenden Fachkräften – was aufgrund deren hoher wirtschaftlicher Bedeutung für den deutschen Arbeitsmarkt eine Herausforderung darstellt.
Welche Trends oder Veränderungen beobachten Sie bei jungen Menschen, die sich für MINT-Fächer entscheiden?
Junge Menschen, die sich für MINT-Fächer entscheiden sind heute in viel höherem Maße „Digital Natives“ als das früher der Fall war. Sie haben einen besseren Zugang zu vorhandenem Wissen und lernen früh, welcher Produktivitätsgewinn durch Digitalisierung und Automation möglich ist. Ich bin super-gespannt darauf, diesen Effekt für die Wissenschaft und die chemische Industrie zu sehen.
Wie lässt sich der Nachwuchs noch mehr für MINT-Fächer begeistern?
Ich halte in diesem Zusammenhang Initiativen wie den DECHEMAX für außerordentlich wichtig. Mehr davon! Zusätzlich vielleicht noch mehr die Komplexität naturwissenschaftlicher Sachverhalte einfach und verständlich erklären und die Faszination der Fächer und deren Wichtigkeit für unser Leben transportieren.
Bildquelle: hte GmbH
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