Für die strömungstechnische Auslegung von Einrichtungen für die kontrollierte und die plötzliche Entspannung von unterschiedlich heftig schäumenden Stoffgemischen mit Hilfe von allgemein zugänglichen, nulldimensionalen Multiphysik-Rechenprogrammen wie SAFIRE, Relief oder Brick wird eine Kombination von physikalisch plausiblen, aufeinander abgestimmten Untermodellen empfohlen. Im Fall des überlagerten Schäumens ist das Aufwallmodell dabei das maßgebliche Untermodell. Für die Charakterisierung der relativen Schaumfähigkeit eignet sich die Annahme einer Blasenströmung in Verbindung mit einer abgestuften Zuordnung des sog. Radialverteilungsparameters. Physikalisch werden die Unterschiede in der Schaumfähigkeit damit auf die Stabilität und Homogenität einer Blasenströmung zurückgeführt.
Die Validierung der Eignung der Untermodellkombination erfolgt durch Nachrechnungen von eigenen Messungen und von in der Literatur aufgeführten Daten im Labor-, Technikum- und Produktionsmaßstab. Berechnet wurden der Druckverlauf der Massenaustrag und der Dampfgehalt im Behälter bei der Entlastung von nicht schäumendem zusatzfreien und schäumendem tensid- und isobutanolhaltigen Heißwasser sowie ein Kältemittelgemisch. Aus den Ergebnissen läßt sich ableiten, daß im Hinblick auf die erforderliche gleichzeitig zutreffende Wiedergabe des Druckes und des Massenstromes eine ausgewogene Auslegung der Entlastungseinrichtung und der nachgeschalteten Auffangsysteme nur mit dieser Kombination von Untermodellen möglich ist. Aufgrund der Vielzahl der berücksichtigten Meßergebnisse aus Versuchen in Behältern mit unterschiedlichen Abmessungen und Stoffsystemen sollte über eine Nachrechung hinaus auch eine zutreffende Vorhersage im Rahmen einer strömungstechnischen Auslegung bei maßvoller Extrapolation der Gegebenheiten während der Druckentlastung möglich sein. Dies betrifft insbesondere den Entlastungsdruck, die anfängliche Dampfleerrohrgeschwindigkeit als Maß für die Heftigkeit des Entlastungsvorganges bzw. die Entlastungsgeschwindigkeit, den anfänglichen Flüssigkeitsfüllgrad, die Behälterabmessungen und ggf. die Reaktionsgeschwindigkeit. Insgesamt ist die Vorgehensweise jedoch auf Reaktionen in homogener nachverdampfender Flüssigphase beschränkt, da die zugrunde gelegten Untermodelle und Annahmen nur dort gültig sind.
Um in der Praxis, die Schaumfähigkeit bei einem von den stationären Produktionsbedingungen abweichenden Zustand, wie die Entlastung in einer Großausführung, vorherzusagen, ist eine Methodik für die Zuordnung der experimentell in einem Labor-Reaktionskalorimeter ermittelten Aufwallhöhe zu dem schaumspezifischen Aufwallmodell entwickelt worden. Durch Einbeziehung der experimentellen Ergebnisse in die Berechnungsvorschrift ist insgesamt eine zutreffendere Auslegung von Entspannungseinrichtungen möglich.
Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 04/01 bis 08/04 an der Technischen Universität Hamburg-Harburg, Arbeitsbereich Strömungsmechanik (Eißendorfer Straße 38, 21073 Hamburg, Tel. (0 40) 42 87 8-32 52) unter Leitung von Prof. Dr. L. Friedel (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. L. Friedel).
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