Die Oberflächen der in diesem Projekt untersuchten Glasklebungen wurden vor den Verklebungen unterschiedlich vorbehandelt. Im Anschluss wurden die Proben dann im ungealtertem Zustand sowie nach der Beständigkeitsprüfung bis zur Zerstörung geprüft. Die Oberflächenvorbehandlung reichte von einer Wischreinigung mit Isopropanol, dem Pyrosil®-Verfahren und dem Tauchen in mit Lösungsmitteln hydrolysierten Silanen bis hin zur Atmosphärendruckplasmabehandlung mit Plasmapolymerisation.
Für die Beständigkeitsprüfungen wurden eine Wasserbadlagerung in alkalischen Medien, ein Klimawechseltest (VW PV1200), ein Xenotest sowie eine Freibewitterung über die Dauer von einem Jahr ausgewählt. Die Untersuchungen wurden an Alkali-Erdalkalisilikat- und Borosilikatgläsern durchgeführt, da sie zu den im industriellen Bereich am häufigsten verwendeten Glassorten gehören. Die Alkakli-Erdalkisilikate werden im großen Maßstab als Fenstergläser und im konstruktiven Glasbau verwendet. Die Borosilikate werden aufgrund ihrer hohen chemischen Beständigkeit unter anderem im chemischen Apparate- und Rohrleitungsbau eingesetzt.
Mit Hilfe von Randwinkelmessungen konnte nach Atmosphärendruckplasmabehandlung und Pyrosil®-Vorbehandlung eine signifikante Verbesserung der Benetzbarkeit der Glasoberflächen festgestellt werden. XPS-Untersuchungen (Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie) zeigten, dass die Atmosphärendruckplasmabehandlung einen Reinigungseffekt bei den Glasoberflächen bewirkt. Die durch Plasmapolymerisation abgeschiedenen Schichten sind laut infrarotspektroskopischen Untersuchungen anorganischer Natur.
Die Festigkeitsuntersuchungen mit mechanischen Prüfverfahren sowie die Untersuchungen der Temperaturwechselbeständigkeit zeigten, dass bei den mit Atmosphärendruckplasma vorbehandelten Glassubstraten ein direkter Einfluss auf die Biegezugfestigkeit und der Haltbarkeit der Gläser besteht. Bei falscher Wahl der Parameter kann sich das negativ auf die bruchmechanischen Eigenschaften der mit Atmosphärendruckplasma vorbehandelten Glasbauteile auswirken.
Bei den untersuchten UV-Klebstoffen, die auf Alkali-Erdalkalisilikatglas geklebt waren, traten während der Alterung im Immersionstest überwiegend Delaminationen der Klebschicht von der Substratoberfläche auf. Dies deutet darauf hin, dass Feuchtigkeit in die Grenzfläche zwischen Glas und Klebstoff dringt, da die Glasoberflächen auch nach der Vorbehandlung noch hydrophile Eigenschaften besitzen, die die Adhäsion schwächen. Das chemisch beständigere und weniger hydrophile Borosilikatglas zeigt im Vergleich zum Alkali-Erdalkalisilikat-glas nach der Oberflächenbehandlung eine bessere Wasserbeständigkeit.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die Vorbehandlungen zwar eine Erhöhung der polaren Gruppen auf der Oberfläche erreicht (bessere Benetzung), aber gleichzeitig jedoch auch die Anlagerung von Feuchtigkeit vor dem Kleben erleichtert wird. Dies erzeugt wiederum eine dickere Wasserhaut. Das kann sich negativ auf die Beständigkeit unter Feuchtigkeitseinfluss auswirken. Deshalb ist die Hydrolysebeständigkeit zwischen Klebstoff und Glas vor allem für UV-Acrylatklebstoffe nicht ausreichend. Durch die angewendeten Oberflächenvorbehandlungsverfahren konnten keine ausreichenden hydrophoben Interphasen in Grenzschichtnähe erzeugt werden. Bei Klebverbünden mit elastischen Klebstoffen hatte die Art der Vorbehandlung keinen signifikanten Einfluss auf die Langzeitbeständigkeit.
Mit der in den Versuchen eingesetzten Laboranlage zur Atmosphärendruckplasmabehandlung lassen sich die Vorbehandlungsparameter zur Reinigung, Aktivierung und Beschichtung für zahlreiche industrielle Applikationen ermitteln. Je nach Anforderungen können alle erforderlichen Parameter reproduzierbar und in Analogie zu einer Serienanlage eingestellt werden. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass mit den diskutierten Oberflächenvorbehandlungsverfahren eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Erzielung langzeitbeständiger Klebverbindungen aus Glas zur Verfügung steht. Je nach Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften sowie an die klimatischen Beanspruchungen der Klebverbindung kann so die optimale Kombination aus Substratwerkstoff, Klebstoff und Oberflächenvorbehandlungsverfahren gewählt werden.
Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 7/2006 bis 06/2008 an der TU Kaiserslautern, Arbeitsgruppe Werkstoff- und Oberflächentechnik (Gottlieb-Daimler-Straße, 67663 Kaiserslautern, Tel. 0631/205-4039) unter der Leitung von Dipl.-Ing. Astrid Wagner (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. P. L. Geiß) und im Günter-Köhler-Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung GmbH, IFW Jena/MBZ Meuselwitz (Otto-Schott-Straße 13, 07745 Jena, Tel. 03641/204-123) unter der Leitung von Dipl.-Chem. Renate Luhn (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. G. Köhler).
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