Im Rahmen des Projektes wurde untersucht, ob wasserfreie Elektrolyte für die elektrochemische Materialbearbeitung von hochlegierten Stählen mit ultrakurzen Spannungspulsen eingesetzt werden können. Dieses Verfahren erlaubt die Strukturierung von Materialien bis in den Nanometerbereich. Dabei kann die Ortsauflösung direkt über die Spannungspulslänge eingestellt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich das Material elektrochemisch aktiv und homogen, d.h. ohne die Ausbildung einer Deckschicht oder sonstiger Hemmnisse auflösen lässt. Dies ist bei der Bearbeitung hochlegierter Stähle in wässrigen Elektrolyten meist nicht möglich. Mit wasserfreien Elektrolyten könnten diese Probleme teilweise vermieden werden.
Um dies herauszufinden, wurde das Verhalten verschiedener Eisenwerkstoffe mit unterschiedlicher Gefügestruktur und Passivität (reines Eisen, 1.2767 (0.5 % C, 4 % Ni, 1.4 % Cr), 1.4301 (austenitischer Edelstahl) und 1.2436 (2,15 % C, 11 % Cr)) in meist Cl-haltigen Elektrolyten auf Basis verschiedener aprotischer und amphiprotischer Lösungsmittel (Methanol, Dimethylsulfoxid (DMSO), Formamid) sowie Ionischen Flüssigkeiten (IL) ([EMIm]Tf2N + [BMIm]Cl/AlCl3) getestet. Dazu wurden elektrochemische Untersuchungen des Korrosionsverhaltens z.B. mit Zyklovoltammetrie sowie Bearbeitungsversuche in einer für wasserfreies Arbeiten umgerüsteten Mikrostrukturierungsapparatur durchgeführt.
Reines Eisen ließ sich in den meisten der verwendeten Elektrolyte elektrochemisch auflösen, teilweise mit erheblicher Korrosion verbunden. Ausnahme bildeten alkalische Elektrolyte, z.B. CH3OH+NaOHaq, die das Eisen vollständig passivierten.
Der hochlegierte Stahl 1.2767 (niedriger Kohlenstoffgehalt und homogene Gefügestruktur) ließ sich in trockenem LiCl/DMSO gut bearbeiten. Der Zusatz von Wasser oder Säure führte zu erhöhter Korrosion. In IL bildeten sich Zersetzungsprodukte, die die Bearbeitung störten.
Der austenitische Edelstahl 1.4301, als Beispiel für einen passivierenden Stahl mit homogenem Materialgefüge, konnte in LiCl/CH3OH bearbeitet werden, wenn auch mit geringer Geschwindigkeit. LiCl/DMSO, das eine ähnliche Dielektrizitätskonstante und Ionenstärke besitzt, war zur Bearbeitung von Edelstahl nicht geeignet. Der Zusatz von HCl brachte keine Verbesserung. In chloridhaltiger IL konnte in Edelstahl gebohrt werden, allerdings extrem langsam.
Am schwierigsten war die Bearbeitung des hoch kohlenstoffhaltigen Stahls 1.2436 mit starken Carbidausfällungen und inhomogener Gefügestruktur. In chloridhaltigen Elektrolyten mit DMSO, Formamid oder CH3OH löste sich die Eisenmatrix zwar auf, aber die Carbidkörner blieben zurück, so dass eine ungestörte Mikrobearbeitung nicht möglich war. Zusätze sowohl von NaOHaq als auch von HClaq zu LiCl/CH3OH führten zur Erhöhung der Löslichkeit der Carbide, im Gegenzug jedoch auch zur Verlangsamung der Eisenauflösung. Mischelektrolyte mit wässrigen Säuren oder Basen scheinen somit aussichtsreiche Kandidaten für die Auflösung hoch kohlenstoffhaltiger Stähle zu sein, aufgrund der bisherigen Ergebnisse ist aber eine abschließende Bewertung nicht möglich. Auch in chloridhaltiger IL wurde eine sehr langsame Auflösung der Carbide beobachtet.
Insgesamt konnte die Anwendbarkeit nichtwässriger Elektrolyte für die elektrochemische Mikrobearbeitung von Stählen mit kurzen Spannungspulsen gezeigt werden. Insbesondere für die Bearbeitung homogener Werkstoffe, wie Stähle mit geringem Kohlenstoffgehalt oder Edelstähle dürften sich Alternativen zu wässrigen Elektrolyten ergeben. Vor einem Einsatz in der Fertigung müssen jedoch noch verschiedene Aspekte, z.B. Bearbeitungsgeschwindigkeit und Korrosion des Werkstücks optimiert werden.
Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 02/07 bis 10/09 am Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Physikalische Chemie (Kaiserstraße 12, 76131 Karlsruhe, Tel.: 0721/608-2102) unter der Leitung von Prof. Dr. R. Schuster (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. M. Kappes) und der DECHEMA e.V., Karl-Winnacker-Institut (Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main, Tel.: 069/7564-398) unter der Leitung von Dr. W. Fürbeth (Leiter der Forschungsstelle Dr. K. Wagemann).
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