Beim technischen Einsatz von enzymatischen Redoxreaktionen ist insbesondere der Bedarf an oftmals teuren Kofaktoren nicht zu unterschätzen. Dies betrifft besonders Reaktionen, bei denen NADPH oder NADH als "Elektronenquelle" in zellfreien Systemen eingesetzt werden. Ein Beispiel dafür sind die P450 Monooxygenasen. Ziel des Projektes war es, den Kofaktor durch einen kostengünstigeren Elektronenshuttle (Mediator) zu ersetzen, der elektrochemisch regenerierbar ist und vom Biokatalysator effizient genutzt wird. Eine industriell interessante Monooxygenase ist die Monooxygenase P450cin. Dieses Enzymsystem katalysiert die Hydroxylierung von 1,8-Cineol (Eucalyptol) zu 2-Exo-hydroxy-1,8-Cineol. Das System umfasst drei Enzyme: im natürlichen Elektronentransfersystem werden die Elektronen zunächst vom NADPH auf die FAD-haltige Cindoxin-Reduktase (CinB) übertragen. Im nächsten Schritt werden die Reduktions-Äquivalente auf das FMN-haltige Cindoxin (CinC) übertragen, dieses transferiert anschließend die Reduktions-Äquivalente auf die Häm-Domäne der Monooxygenase (CinA). In einem vorangegangen Forschungsvorhaben wurde gezeigt, dass ein artifizieller Elektronentransfer von einem Mediator über das CinC zum CinA möglich ist. Dabei wurden lösliche Proteine eingesetzt. Durch die Erstellung eines künstlichen Fusionsproteins sollte sich die Effektivität der Elektronenübertragung weiter verbessern lassen.
Die Erstellung des Fusionsproteins zwischen CinA (Häm-Domäne) und CinC (FMN-Domäne) war erfolgreich und führte zur Etablierung einer neuen Methode, die es erlaubt, anhand der PLICing Methode Fusionsproteine mit variierender Linkerlänge in einem einzigen Experiment zu erzeugen. Dabei konnte CinC mit dem C-terminalen Ende des CinA durch die Insertion von 16 Linkern unterschiedlicher Längen fusioniert werden. Die Fusions-Varianten wurden mit Hilfe einer automatisierten Dünnschichtchromatographie durchgemustert. Die Produktquantifizierung der Umsetzung von 1,8-Cineol zu 2-β-hydroxy-1,8-Cineol erfolgte mittels Gaschromatographie. Die Durchmusterung der Fusions-Varianten auf Aktivität zeigte, dass aktive Varianten einen Linker von mehr als fünf Aminosäuren besitzen. Die optimale Linkerlänge beträgt zehn Aminosäuren. Die durch die SeSaM Methode generierten Zufallsmutagenesebibliotheken wurden mit diesem Durchmusterungssystem untersucht. Wegen der geringen Umsetzungsraten mit dem alternativen Kofaktor-System Zink/Kobalt-Sepulchrat, wurden die Mutanten zunächst durch NADPH als Kofaktor für erhöhte 1,8-Cineol-Umsetzungsraten verbessert. Die besten Mutanten wurden dann für die Evolution des Elektronen Transfers mit Zink/Kobalt-Sepulchrat verwendet. In den Zufallsmutagenesebibliotheken wurden vier Aminosäure-Positionen identifiziert. Parallel wurden durch rationale Evolution weitere drei Aminosäure-Positionen gefunden, die Varianten mit gesteigerter Produktbildung aufweisen. Die Positionen wurden nach der Sättigungsmutagenese rekombiniert. Die generierten Varianten wiesen eine bis zu 5-fache gesteigerte Produktbildung auf. Die Ausgangsvariante zeigte eine Produktbildung mit NADPH als Kofaktor von 88 µM. Sie konnte durch die Varianten Q385HV386S (Mutante aus der ersten Runde der gelenkten Evolution) mit 220 µM und die Variante T77CL88V (Mutante aus der zweiten Runde gelenkter Evolution) mit 500 µM verbessert werden. Die Mediatorreduktion für einen artifiziellen Elektronentransfer wurde in einem neuartigen elektrochemischen Festbettreaktor untersucht und optimiert. Um ein ressourcen-effizientes Verfahren zu erhalten, wurden die Enzymrückhaltung in einem Enzym-Membran-Reaktor und die Rückgewinnung der Mediatoren über Absorption zu einem Gesamtkonzept kombiniert. Das Reaktionsprodukt 2-β-hydroxy-1,8-Cineol wurde mit verschiedenen Estern über Lipase-Reaktionen weiter zu antimikrobiellen Wertstoffen derivatisiert. Die Enzyme und das Verfahrenskonzept stehen nun für eine Validierung im industriellen Maßstab bereit.
Bearbeitet wurde das Forschungsthema vom 08/10 bis 07/13 in der DECHEMA e.V., Karl-Winnacker-Institut (Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main, Tel.: 069/7564-610) unter der Leitung von Dr. D. Holtmann (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. K. Wagemann) und der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Biotechnologie (Worringer Weg 1, 52074 Aachen, tel.: 0241/8024170) unter der Leitung von Prof. Dr. U. Schwaneberg (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. E- Schmachtenberg) und dem DECHEMA-Forschungsinstitut e.V. (Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main, Tel.: 069/7564-610) unter der Leitung von Dr. D. Holtmann (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. M. Schütze).
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