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In diesem Forschungsprojekt wurden erstmals Bioprozess-Kalorimeter entwickelt, die sich unmittelbar in die Messperipherie von Bioreaktoren integrieren lassen. Damit ist es nun möglich, mit vertretbarem technischem und ökonomischem Aufwand die metabole Wärmeleistung mikrobieller Kulturen in industriell-technischen Bioreaktoren zu erfassen und so zusätzliche Informationen über den physiologischen Zustand dieser Kulturen zu gewinnen.
Mit diesem Verfahren können zyklisch kleine Probenmengen aus dem Bioreaktor entnommen werden und mit einer hohen Probentransferrate einem als Durchflusssensor ausgelegtem Wärmeleistungstransducer zugeführt werden. Durch einen Silizium-Thermosäulen-Chip ist es möglich, einen Wärmeleistungstransducer in miniaturisierter Form einzusetzen. Die Miniaturisierung gewährleistet kleine Totvolumina und Zeitkonstanten. Diese sind wiederum die Voraussetzung für die Minimierung der Probentransferzeit.
Mit einer Desktop-Variante, wurden wesentliche Funktionselemente der Kalorimeter wie Fluidik und Temperaturmanagement erprobt. Diese Erfahrungen flossen in die Entwicklung einer Containment-Variante ein, die voll in die Peripherie unterschiedlicher Bioreaktoren integrierbar ist. Mit einer Detektionsgrenze von 20 nW kann eine Signalauflösung von ca. 3 mW L -1 erreicht werden. Damit lässt sich die metabole Wärmeproduktion noch bei optischen Dichten um OD=0,03 erfassen. Die derzeit erreichbare Probentransferzeit von ca. 30 s ermöglicht Messungen bis zu 3 W L -1 . Ein Einsatz bei Hochzelldichte-Fermentationen ist damit eingeschränkt. Der Probenbedarf je Messzyklus beträgt bei kleinen Biomassedichten ca. 500 µl. Für robuste Messungen mit hohem Gasanteil in der Probe und höheren Zelldichten werden je Zyklus ca. 1 - 2 ml Probe benötigt.
Um die Ergebnisse, die mit dem Bioprozess-Kalorimeter erhalten wurden zu verifizieren, wurde ein spezieller Bioreaktor zum Reaktorkalorimeter aufgerüstet. Durch Implementie-rung geeigneter Temperatur- und Massdurchflussmesstechnik wurde eine Bilanzierung des Wärmeaustauschs möglich. Unter den gegebenen Bedingungen können Fermentationen bis zu einer Wärmeproduktion von mindestens 55 W L -1 verfolgt werden, was deutlich über den Einsatzbereich der chip-basierten Kalorimeter hinausgeht. Die Leistungsfähigkeit der neuartigen Messtechnik und die Aussagefähigkeit kalorimetrischer Messungen bei Bioprozessen wurden an Hand zahlreicher Testfermentationen z. B. mit E. coli- und C. glutamicum -Kulturen ausführlich untersucht.
Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 02/07 bis 06/09 an der TU Bergakademie Freiberg, Institut für Physikalische Chemie (Leipziger Str. 29, 09596 Freiberg, Tel.: 03731/39-2125) unter Leitung von PD Dr. J. Lerchner (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. F. Mertens), am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ (Permoserstraße 15, 04318 Leipzig, Tel.: 0341/235-2225) unter Leitung von PD Dr. Th. Maskow (Leiter der Forschungsstelle Prof. Dr. G. Teutsch) und an der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik (Worringer Weg 1, 52056 Aachen, Tel.: 0241/8025546) unter Leitung von Prof. Dr. J. Büchs (gleichzeitig Leiter der Forschungsstelle).