Bewertungskonzepte der Mikrobiologie mit den Schwerpunkten neue Krankheitserreger und Antibiotikaresistenzen

Prof. Dr. Dr. Martin Exner (Universität Bonn Universitätsklinikum, Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit), und Prof. Dr. Thomas Schwartz (Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Campus Nord, Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG), Mikrobiologie an Grenzflächen)

Einen eigenen Schwerpunkt bildeten die hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen im Rahmen des Forschungsvorhabens.

In der Routine der Trinkwasserüberwachung wird die Trinkwasserqualität mit mikrobiologischen kulturellen Überwachungsverfahren überwacht und beurteilt, die vor 100 Jahren entwickelt wurden und seit dieser Zeit auch in der Trinkwasserüberwachung nicht mehr geändert wurden.

Zudem wird in der Regel nur das Endprodukt Trinkwasser untersucht und nicht die Kette des Gewässersystems und insbesondere das Rohwasser nicht mit in die Routinebewertung der Trinkwasserqualität mit einbezogen.

Bereits vor 20 Jahren hat die WHO darauf hingewiesen, dass die jetzige praktizierte Überwachung und Bewertung des Trinkwassers als Endproduktkontrolle mit einem eingeschränkten bakteriellen Indikatorspektrum den heutigen hygienisch mikrobiologischen Erkenntnissen nicht mehr entspräche, da hierdurch nicht sicher das Vorkommen neu erkannter durch trinkwasserübertragbare Krankheitserreger wie Viren, Parasiten und bestimmten Bakterien erkannt werden können. Zudem ist das Vorkommen von antibiotikaresistenten Erregern in unseren Gewässern und in der Abwasseraufbereitung bislang im praktizierten System der Wasserüberwachung bisher faktisch nicht berücksichtigt, obwohl gerade vor dem Hintergrund der dramatischen Zunahme Antibiotika-resistenter Erreger diese Thematik eine herausragende Bedeutung zukommt.

Aus Sicht der öffentlichen Gesundheit und der Risikoerkennung und dem Risikomanagement und auch der Risikoregulierung ist daher diese Situation nicht akzeptabel und dringend verbesserungsbedürftig.

Aus diesem Grunde bildeten die Untersuchungen der Frage, welche Erkenntnisse durch Integration modernster molekularbiologischer Untersuchungsverfahren zum Vorkommen von entsprechenden neu erkannten bakteriellen, viralen und parasitären Krankheitserregern mit deren Korrelation zum Vorkommen mit den klassischen Indikatorbakterien in unserem Gewässersystem neue Erkenntnisse für die Risikoregulierung erbringt. Dabei stellte die Untersuchung des Vorkommens und der Ökologie Antibiotika resistenter Erreger in unseren Gewässern einen besonderen Schwerpunkt dar.

Zu den wichtigsten Erkenntnissen zählt:

  • Das Vorkommen neu erkannter Krankheitserreger im Gewässersystem unterliegt einer erheblichen Dynamik, geprägt durch klimatische Bedingungen wie Starkregenfälle, bei denen in unserem Gewässersystem das Vorkommen entsprechender Erreger deutlich zunimmt.
  • Das Vorkommen von Viren und Parasiten lässt sich mit den klassischen kulturellen bakteriellen Indikatorsystemen nicht sicher korrelieren. Dies bedeutet, dass das bisherige mikrobiologische Überwachungssystem ergänzungsbedürftig ist
  • Antibiotikaresistente Erreger lassen sich in einer Vielzahl von Gewässern und Abwässern nachweisen.
  • Durch Wasseraufbereitungssysteme kann zwar die Fracht antibiotikaresistenter Bakterien deutlich verringert werden. Dennoch deuten die Ergebnisse darauf hin, dass durch weitergehende Aufbereitungsverfahren wie z. B. Ozon, die auch Teil von Wasseraufbereitungsverfahren der 4. Reinigungsstufe sind, es möglicherweise zu einer Selektion antibiotikaresistenter Erreger in Kläranlagen im Ablauf kommt.
  • Moderne molekularbiologische Untersuchungsverfahren können die klassischen kulturellen Verfahren u. a. auch bei dem Nachweis von Legionellen ergänzen, sind z.T. schneller, bedürfen aber noch der besseren Validierung.

Diese Erkenntnisse aus dem Untersuchungsprojekt sind für die Erkennung und das Management u. a. auch im Zusammenhang mit trinkwasserbedingten Ausbrüchen von größter Bedeutung.

Die Vermittlung dieser Erkenntnisse für Bürger aber auch für Überwachungsbehörden stellt einer der großen Herausforderungen dar, da bislang davon ausgegangen wurde, dass durch die bisher angewandten Untersuchungsverfahren die Trinkwasserqualität sicher überprüft werden kann.

Die Erkenntnisse sind in dem Statuspapier: „Bewertungskonzepte der Mikrobiologie mit den Schwerpunkten neue Krankheitserreger und Antibiotikaresistenzen“ zusammengefasst.

Für die Trinkwasserregulierung geben die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt wichtige Hinweise. Die Trinkwasserkommission hat daher bereits empfohlen, das Rohwasser grundsätzlich in die Trinkwasserüberwachung einzubeziehen und wird sich mit den Ergebnissen des Forschungsprojektes intensiv auseinandersetzen.

 

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