Pressekonferenz

am 10.02.2015, anlässlich der

Abschlussveranstaltung der BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSKWa)“

Statement zur Pressekonferenz

 

Prof. Dr. med. M. Exner,
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheitder Universität Bonn

Meine Damen und Herren,

eine gesicherte Wasserver- und Abwasserentsorgung sind zentrale Elemente der Daseinsvorsorge. Mit der Assanierung der Städte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Einführung einer zentralen Wasserversorgung und gesicherten Abwasserkanalisation kam es zu einem drastischen Rückgang der Sterblichkeit und einem kontinuierlichen Anstieg der Lebenserwartung in der Bevölkerung um 30 Lebensjahre im 20 Jahrhundert. Die gesicherte Wasserver- und Abwasserentsorgung werden auch in der Medizin als wichtigster medizinischer Erfolg in den letzten 140 Jahren noch vor der Entdeckung von DNA, Impfstoffen und Antibiotika gewertet. Die Bürger haben ein hohes Vertrauen in die gesicherte Wasserver- und -entsorgung und sind sicher, dass alles getan wird, um Risiken durch eine gute Risikoregulierung unter Kontrolle zu halten.

Dennoch kam es in den letzten Jahren auch in hochentwickelten westlichen Ländern zu trinkwasserbedingten Ausbrüchen, zum Auftreten neu erkannter Krankheitserreger, die über Trinkwasser übertragen werden wie EHEC, Campylobacter und Legionellen. Die Legionellen-Epidemien in Ulm und Warstein sind Symptom dafür, dass man diesbezüglich Risiken offensichtlich lange Zeit in der Risikoregulierung nicht nur mit Blick auf die Trinkwasserversorgung übersehen hat. Erst durch eine verbesserte Analytik war es 2006 möglich, bislang nicht regulierte hochpersistente organischer Schadstoffe wie Perfluortenside (PFT) in der Ruhr festzustellen, die über das Trinkwasser aufgenommen zu signifikanten Blutbelastungen bei der exponierten Bevölkerung führten. Im Jahr 2014 konnte der Nachweis von E. coli im Trinkwasser von Kliniken, eingetragen durch die zentrale Wasserversorgung, in Rheinland- Pfalz festgestellt werden. Im gleichen Jahr konnte ein Ausbruch von antibiotikaresistenten Krankheitserregern bei Krankenhauspatienten auf eine Kontamination aus dem Abwasser der Klinik als Ursache nachgewiesen werden.

Diese Zwischenfälle konnten mit den bisherigen klassischen Überwachungssystemen von Trink- und Abwasser nicht sicher proaktiv erkannt werden.

Diese Beispiele mögen zeigen, dass die bisherigen Verfahren, die sich insbesondere im hygienisch mikrobiologischen Bereich auf eine vor 100 Jahren entwickelte Überwachungsphilosophie gründen, nicht mehr allein ausreichend sind, um Risiken über Trink- und Abwasser sicher zu erkennen, zu bewerten und zu kontrollieren.

Dies soll nicht bedeuten, dass wir in Deutschland nicht auch im internationalen Vergleich über ein herausragendes Wasserversorgungssystem verfügen. Es führte aber zu der Frage, inwieweit man tatsächlich in der Lage ist, in einer sich dynamisch entwickelten innovativen Gesellschaft, Risiken sicher bewerten zu können und regulatorisch zeitnah unter Kontrolle zu bringen.

Von der wissenschaftlichen Identifizierung eines Risikos bis zur Regulierung vergehen zwischen 20 – 30 Jahre, was – wie die Legionellen Ausbrüche in Ulm und Warstein zeigen – zu lange sein kann.

Aus diesem Grunde war es notwendig, neue Verfahren zur Risikoerkennung und zum Risikomanagement und zur Risikokommunikation unter Nutzung der heutigen Möglichkeiten einer hochkomplexen Analysentechnologie für chemische Schadstoffe und molekularbiologischer Verfahren für Mikroorganismen sowie Verfahren zur gesundheitlichen Bewertung besser in das risikoregulatorische System der Risikoerkennung und des Risikomanagements einzubringen.

Hieraus sich ergebende Maßnahmen zur Verbesserung der Abwasseraufbereitung oder der Wasseraufbereitungstechnologie sind jedoch z. Teil sehr teuer und belasten nicht nur kommunale Haushalte sondern auch die einzelnen Bürger. Dies weist auf die dringende Notwendigkeit hin, ein zukunftsorientiertes System perspektivisch für die nächsten 50 Jahre zu entwickeln, mit dem es gelingt, mit hoher Sicherheit unter Anwendung der modernsten Technologien Risiken zu erkennen. Die daraus resultierenden Konsequenzen dienen dazu den Gesundheits- und Umweltschutz zu bewerten und Handlungsoptionen für ein Management unter Berücksichtigung von Kosten und Wirksamkeit zu etablieren. Basierend auf den Prinzipien einer partizipativen Demokratie sind diese Aspekte Teil einer modernen Risikokommunikation sowie eine Krisenkommunikation mit politisch Verantwortlichen, den Verantwortlichen für Gewässerschutz und Trinkwasseraufbereitung und letzten Endes auch mit der Bevölkerung zu entwickeln.

Diese Herausforderungen werden als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen, wo auch die Wissenschaft sich bewusst in den Dienst von öffentlicher Gesundheit und allgemeines Wohl (Public Health führt zu Public Wealth) stellt.

Hieraus sollte ein System entwickelt werden, mit dem man in der Lage ist, auch neue Schadstoffe oder neue Krankheitserreger zu erfassen und die Maßnahmen zum Gewässerschutz und zur Aufbereitung sicher bewerten und etablieren zu können. Damit soll auch in einer sich ändernden und immer älter werdenden Gesellschaft der Schutz von Gewässern als Ressource für Trinkwasser nachhaltig gewährt werden.

Diesem Ziel diente die BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf“ (RiSKWa), die in ihrer Konzeption auch im internationalen Vergleich einzigartig ist und in der Kette des Wasserkreislaufes zahlreiche Aspekte möglicher Emittenten, Gewässerbelastung, Auswirkungen von neuen Konzepten zur Abwasseraufbereitung und zur Trinkwasseraufbereitung berücksichtigt. Gleichzeitig war es Ziel, diese Ergebnisse auch der Bevölkerung zu kommunizieren, um diese in die Bedeutung der Sicherstellung eines hohen Grades an Gewässerschutz mit einzubeziehen und gleichzeitig deutlich zu machen, wo der einzelne Bürger einen Beitrag zu diesem Ziel mit leisten kann.

 

Es ist mir ein Anliegen, sowohl dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und allen Beteiligten an der BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf“ (RiSKWa) für die Initiierung und Durchführung herzlich zu danken.

 

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