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In ihrem neuesten Positionspapier stellt die Deutsche Gesellschaft für Katalyse (GeCatS) die Bedeutung selektiver Oxidationsreaktionen dar und weist gleichzeitig auf wachsende Lücken in der deutschen Forschungslandschaft in diesem Bereich hin. Ohne selektive Oxidation ist die Entwicklung neuer Technologien, wie sie im Kontext der Bioökonomie, aber auch der Energiewende benötigt werden, nicht denkbar. Die Experten sehen jedoch einen gravierenden Mangel an wissenschaftlichen Nachwuchs, der sich dem sehr komplexen und scheinbar „reifen“ Forschungsgebiet widmet. Sie fordern daher eine übergreifende Förderstrategie, die auf zentrale Produkte aus unterschiedlichen Quellen statt auf einzelne Reaktionstypen abzielt.
Die selektive Oxidation gehört zu den Schlüsselreaktionen sowohl in der anorganischen Grundstoffchemie, vor allem aber in der organischen Chemie. Ob bei der Herstellung von Pharmazeutika oder bei der Umwandlung von Biomasse in Wertstoffe, ohne die gezielte Funktionalisierung der Moleküle kommt kaum ein chemischer Prozess aus. Ca. 20 % aller Prozesse in den Wertschöpfungsketten der chemischen Industrie basieren auf Oxidationsreaktionen, rund 600 Millionen Tonnen Chemikalien pro Jahr werden mittels Oxidationsreaktionen hergestellt. Meist gelingt dies nur mit Hilfe von Katalysatoren, die Sauerstoff an ganz bestimmten Stellen in die chemische Struktur einfügen. Je effizienter und selektiver dies gelingt, desto effizienter ist einerseits die Nutzung von Rohstoffen und Energie für solche Prozesse und desto wirtschaftlicher sind sie.
Vor diesem Hintergrund sehen die Experten der Kommission der Deutschen Gesellschaft für Katalyse, die sich mit der strategischen Entwicklung des Fachgebiets auseinandergesetzt haben, mit Sorge, dass die Zahl der Forschungsgruppen sinkt und die Bedeutung des Faches in der Ausbildung abnimmt. Den dringendsten Forschungsbedarf haben sie in drei Themenbereichen subsummiert:
• Einsatz neuer Oxidationsmittel zur Steigerung der Rohstoff- und Kosteneffizienz: Peroxide, Hydroxylamin oder andere Substanzen ermöglichen schon heute die selektive Oxidation bei vergleichsweise milden Bedingungen. Die Entwicklung weiterer Oxidationsmittel könnte dazu beitragen, das Repertoire an effizienten und damit ressourcenschonenden Methoden zu erweitern.
• Entwicklung von Katalysatoren für neue Rohstoff-/Oxidationsmittelkombinationen: Im Zusammenspiel mit neuen Oxidationsmitteln, die dazu beitragen können, neue Rohstoffquellen zu erschließen, spielt auch die Entwicklung neuer Katalysatoren eine wichtige Rolle. Beispiele sind u.a. poröse Netzwerke, die einen gezielten und kontrollierten Stofftransport ermöglichen.
• Entwicklung einer Reaktionstechnik in enger Abstimmung mit den Katalysatoren: Zwischen den Entwicklungen im Labor und dem industriellen Einsatz klaffen bis heute große Lücken. Eine erfolgreiche Entwicklung von Katalysatorsystemen für industrielle Anwendungen sollte daher von Anfang an die Reaktionstechnik berücksichtigen, um diesen Graben zu überwinden bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen.
Um derartige Methoden erfolgreich zu entwickeln, ist das Zusammenspiel vieler Themenfelder von der Oberflächenchemie, der Simulation und Thermodynamik bis zur Synthesechemie und der Verfahrenstechnik notwendig. Die Autoren plädieren daher für einen interdisziplinären Forschungsansatz, der auf zentrale Produkte abzielt statt auf einzelne Reaktionstypen. Sie schlagen dafür einen konzertierten Förderansatz von der Grundlagenforschung bis zur anwendungsnahen Entwicklung vor, an dem sich DFG, BMBF und BMWi beteiligen sollten.
Das vollständige Papier ist verfügbar unter http://www.dechema.de/Katalytische_Oxidation.html
44/2015
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